Uns hat ein Leserbrief erreicht
Das Schachbrett: Hier meinen wir nicht das Brettspiel, bei dem Reisbauern zu Helden werden, sondern der Schmetterling mit dem lateinischen Namen, der klingt wie ein Hogwarts-Zauberspruch: Melanargia galathea. Mit einer Flügelspannweite von 37 bis 52 Millimetern flattert dieser Künstler der Tarnung nicht nur durch Europa, sondern auch durch den Norden Afrikas sowie Teile Asiens.
Doch was wissen wir wirklich über dieses geflügelte Wunder? Wie es aussieht, sind Schachbretter (sollte dies der korrekre Plural sein) nicht gegen negative Gefühlen gefeit. Das wöchentliche Arthropoden-Bulletin hat von Susanne, einem genervten Exemplar von Melanargia galathea einen Leserbrief erhalten, den wir wortgetreu abdrucken:
Liebes Arthropoden-Bulletin,
ich frage mich, was mit den Menschen eigentlich nicht stimmt. Denken sie wirklich, sie seien witzig? Viel zu oft, wenn ich an ihnen vorbeifliege, höre ich diese dämlichen Schachbrett-Andeutungen. „Schau mal, ein fliegendes Schachspiel!“ oder „Schmetterlingsschach!“ Ernsthaft, Leute? Das wird alt. Und immer diese neugierigen Blicke und Kommentare, wenn ich mich auf Flockenblumen oder Skabiosen niederlasse. „Warum mag das Schachbrett keine Stürme? Sie verwirbeln seine Eröffnung.“ Glauben sie wirklich, das sei originell?
Aber das ist nicht mein einziges Problem. Viele Menschen denken offenbar, dass Schmetterlinge einfach so als ästhetische Wunder geboren werden. Sie haben keine Ahnung von den Anstrengungen, die wir durchmachen müssen. Die Metamorphose ist kein Spaziergang im Park! Vom Ei zur Raupe, zur Puppe und schließlich zum Falter — das ist ein harter Weg voller Gefahren und Herausforderungen. Ein bisschen Respekt wäre angebracht. Schon mal daran gedacht, wie wir uns fühlen, wenn wir als hässliche Raupe beginnen und uns anschließend durch den gesamten Verwandlungsprozess kämpfen? Wir müssen uns vor Fressfeinde verstecken, genug Nahrung finden und die richtigen Bedingungen zum Verpuppen finden. Und dann, wenn wir endlich als Falter erscheinen, müssen wir noch die richtigen Partner finden und sicherstellen, dass unsere Nachkommen eine Chance haben. Da wird es einem ganz schwindelig vor lauter Verantwortung!
Und dann gibt es diese unglaubliche Arroganz der Menschen, sich selbst als die intelligenteste Spezies zu betrachten. Wirklich jetzt? Wesen mit höherem Bewusstsein haben eine Verantwortung, sich um ihren Planeten zu kümmern. Doch was tun sie stattdessen? Sie überhäufen die Erde mit Müll, lassen Plastikabfälle die Meere ersticken und vergiften die Atmosphäre mit unzähligen Schadstoffen. Sie treten den Boden, der sie ernährt, mit Füßen, indem sie ihn mit Chemikalien verseuchen und die Lebensräume unzähliger Kreaturen zerstören. Den Flüssen, die das Leben spenden, entziehen sie ihre Reinheit durch industrielle Abwässer. Ist das wirklich das Verhalten einer intelligenten Spezies? Wer das nicht erkennt, kann kaum als intelligent bezeichnet werden. Vielleicht sollten sie mal eine Saison als Raupe durchleben — ein bisschen Bescheidenheit würde ihrer Perspektive sicher gut tun.
Mit flatternden Grüßen,
Susanne