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Rüsselkäfer

Lat. „Curculionidae“
Familie der Infraordnung „Käfer“
1 Familie, 12 Arten

Rüsselkäfer sind kleine bis große Käfer mit einem deutlichen Rüssel, der eine Verlängerung des Kopfes ist. Sie haben gekniete Fühler, sind oft bunt gefärbt und können verschiedene Muster aufweisen. Rüsselkäfer ernähren sich von Pflanzen und spezialisieren sich in der Regel auf bestimmte Arten. Sie sind auf allen Kontinenten verbreitet, wobei einige Unterfamilien vorwiegend in den Tropen vorkommen. Einige Rüsselkäferarten können Schäden in Wäldern und Gärten anrichten und dienen anderen Insektenarten als Nahrung. Sie können auch wirtschaftliche Bedeutung haben, z. B. als Bestäuber von Nutzpflanzen. Viele Rüsselkäferarten sind durch den Rückgang ihrer Lebensräume bedroht. Die Systematik der Rüsselkäfer ist komplex und umstritten.

Hierarchie

Merkmale
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Es handelt sich um kleine bis große Käfer (1,3–20 mm), die deutlich an ihrem Rüssel (lat.: „Rostrum“) zu erkennen sind. Der Rüssel stellt eine Verlängerung des Kopfes dar. An der Spitze des Rüssels befindet sich die Mundpartie mit den meist sehr kleinen und unauffälligen Mundwerkzeugen. Der Rüssel ist bei den einzelnen Arten unterschiedlich lang und kann sogar mehr als Körperlänge erreichen (z. B. Haselnussbohrer (Curculio nucum)). Die Fühler sind meist gekniet: das erste Glied (= Fühlerschaft) ist stark verlängert, darauf folgt gewinkelt angesetzt die mehrgliedrige Fühlergeißel. An die Fühlergeißel schließt sich die verdickte Fühlerkeule an. Bei manchen Arten kann das lange Schaftglied in eine Fühlerfurche eingelegt werden. So sind die Fühler nicht im Weg, wenn der Rüssel zum bohren verwendet wird. Durch die geknieten Fühler lassen sich die Curculionidae fast immer von anderen Rüsselkäferfamilien unterscheiden. Einzig die Nanophyinae (eine artenarme Unterfamilie der Brentidae) haben unabhängig von den Curculionidae gekniete Fühler entwickelt. Unter den Curculionidae finden sich nur wenige Formen mit ungeknieten Fühlern, etwa in der Unterfamilie Brachycerinae.Rüsselkäfer können einfarbig bis sehr bunt gefärbt sein. Bei einigen Arten ist der Körper mit Haaren oder, ähnlich wie der Schmetterlingskörper, mit Schuppen bedeckt. Durch unterschiedlich gefärbte Schuppen, oder ein Mosaik aus beschuppten und kahlen Bereichen, kann eine auffällige Musterung zustande kommen. Manche bodenlebende Arten sammeln auf ihrem Körper eine Kruste aus Boden- oder Detritusteilchen an (meist durch spezielle haken- oder keulenförmige Haare fixiert) und sind dann sehr gut getarnt. Die Beine sind kräftig entwickelt (zum langsamen Schreiten). Einige Arten wie der Buchenspringrüssler können sogar springen. Die Füße sind fünfgliedrig, jedoch ist das vierte Glied oft nur undeutlich zu erkennen. Die Fußunterseiten, vor allem das vergrößerte dritte Glied, sind dicht behaart. Sie dienen zum Festhalten auf glatten Oberflächen. Die Flügel sind normalerweise entwickelt, können aber auch fehlen (z. B. bei den Dickmaulrüsslern (Otiorhynchus)). Bei den Kern- und Borkenkäfern hat sich aufgrund ihrer Lebensweise ein von den anderen Rüsselkäfern stark abweichendes Erscheinungsbild entwickelt.

Lebensweise
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Käfer und Larven so gut wie aller Arten sind phytophag, das heißt, sie ernähren sich von Pflanzen. Während es auch Generalisten (Polyphagie) gibt, ist die Mehrzahl der Arten auf eine (Monophagie) oder wenige verwandte Pflanzenarten (Oligophagie) als Nahrung spezialisiert.

Verbreitung
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Rüsselkäfer sind auf allen Kontinenten zu finden. Das gilt ebenso für alle größeren Unterfamilien, wobei die Dryophthorinae und Platypodinae schwerpunktmäßig in den Tropen zu finden sind.

Bedeutung
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Rüsselkäfer sind ein wichtiger Teil des Ökosystems. Einige Arten, wie der Gefurchte Dickmaulrüssler, der Fichtenrüsselkäfer (Hylobius abietis) oder der Gemeine Graurüssler (Brachyderes incanus) können in Wäldern und Gärten beträchtlichen Schaden anrichten. Auch einige Borkenkäfer sind bekannt als Forstschädlinge. Gerade diese dienen aber auch zahlreichen spezialisierten Insektenarten als Nahrung, die oft besondere Anpassungen aufweisen, um die Borkenkäfer in ihren Gängen zu jagen. Insofern handelt es sich um Schlüsselarten, die eine eigene Lebensgemeinschaft unterhalten. Auch für Vögel stellen sie eine wichtige Nahrung dar. Rüsselkäfer der Gattung Elaeidobius sind wirtschaftlich bedeutsam als Bestäuber der Ölpalme. In Malaysia mussten Ölpalmen von Hand bestäubt werden, bis in den 80er Jahren der Rüsselkäfer Elaeidobius kamerunensis aus dem ursprünglichen Verbreitungsgebiet der Palme eingeführt wurde. Vorher im Land vorkommende Bestäuber waren nicht effizient genug. Durch die verbesserte Bestäubung durch den Rüsselkäfer stieg der Ertrag um 20-50 % an. Der Rote Palmrüssler (Rhynchophorus ferrugineus) ist zum einen ein bedeutender Schädling in Palmenkulturen, andererseits ist seine Larve als „Sagowurm“ aber auch ein wichtiges Nahrungsmittel in manchen Teilen der Welt. Andere Arten werden zur Kontrolle invasiver Pflanzen eingesetzt. Die 2 mm große Art Stenopelmus rufinasus aus Florida wird in Afrika gegen den Großen Algenfarn (Azolla fulicoloides) eingesetzt. Dieser Farn vermehrt sich rasant und überzieht die Oberfläche von südafrikanischen Gewässern mit einem dicken Teppich von Blättern. Als Folge werden wichtige Wasserwege unpassierbar und Bewässerungspumpen und Rohre verstopfen. Die absterbenden Pflanzenmassen entziehen dem Wasser Sauerstoff, sodass Fäulnisgestank entsteht. Weidevieh verwechselt den Teppich mit Gras, verfängt sich darin und ertrinkt. Erste Versuche zeigen, dass Stenopelmus rufinasus, der sich monophag von Algenfarnen ernährt, den Farn wirkungsvoll zurückdrängen kann. Auch Arten der Gattung Bagous wurden zur Kontrolle von invasiven Wasserpflanzen verwendet. Einige europäische Rüsselkäferarten wurden nach Nordamerika eingeführt, um dort ebenfalls aus Europa stammende invasive Pflanzen zu dezimieren. Dafür wurden Arten verwendet, die sehr auf einzelne Pflanzenarten spezialisiert sind, damit sie die heimische Flora Nordamerikas nicht gefährden.

Gefährdung
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Da es extrem viele Rüsselkäferarten gibt, von denen viele noch nicht beschrieben sind, und ihre Verbreitung nur ungenügend bekannt ist, existieren kaum Einschätzungen zur Gefährdung auf globaler Ebene. Es existieren jedoch regionale Rote Listen, beispielsweise für die Bundesrepublik Deutschland und mehrere deutsche Bundesländer. Zahlreiche Rüsselkäferarten sind hier durch den Rückgang ihrer Lebensräume bedroht. Die Rote Liste Deutschlands weist etwa die Hälfte der Arten mindestens auf der Vorwarnliste aus. Das Habitat von Rüsselkäfern kann sehr klein sein (wenige Quadratmeter), so dass sie leichter in kleinen Restpopulationen überdauern können als Habitatkomplexbewohner wie Schmetterlinge. Derart kleine Restbestände haben jedoch ein großes Aussterberisiko.

Systematik
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Die Systematik der Rüsselkäfer wurde nie einheitlich gehandhabt und bleibt bis heute eines der großen Problemfelder der systematischen Entomologie. In älteren Werken wurden meist einzelne Merkmale zur Klassifikation herangezogen, beispielsweise die Lage der Fühlerfurche, oder die Ausbildung eines Hakens am Innenrand der Vorderschienen. Diese Vorgehensweise hat zwar einerseits zu für die Bestimmung praktischen Systemen geführt, andererseits entsprechen diese Systeme nicht den tatsächlichen Verwandtschaftsverhältnissen, wie aus einer Vielzahl von Ausnahmen und Übergängen schon immer deutlich wurde. Inzwischen hat es einige Versuche, die Phylogenie der Großgruppen der Rüsselkäfer zu rekonstruieren, gegeben. Als Beispiele unter vielen seien Thomson oder Marvaldi genannt. Die Ergebnisse sind teils recht unterschiedlich, einige der Verwandtschaftsverhältnisse scheinen jedoch inzwischen als relativ wahrscheinlich:

Die ehemaligen Unterfamilien Otiorhynchinae (kurzrüsslige Formen mit freiliegenden Maxillen, deren Fühlerfurchen zumindest zum Teil von oben sichtbar sind) und Brachyderinae (kurzrüsslige Formen mit seitlich gelegenen, meist nach unten gebogenen Fühlerfurchen) werden zu einer neuen Unterfamilie Entiminae zusammengelegt. Einzelne Gattungen oder Tribus werden allerdings in andere Unterfamilien verlegt. Darüber welche, besteht allerdings kein Konsens. Die ehemalige Familie der Borkenkäfer (Scolytidae) ist ein stark abgeleiteter Zweig der Rüsselkäfer und wird in diese als Unterfamilie Scolytinae eingegliedert. Dasselbe gilt für die ehemalige Familie der Kernkäfer (Platypodidae), die nun die Unterfamilie Platypodinae bildet. Die Unterfamilie Curculioninae, die in der Vergangenheit die Tribus Tychiini, Curculionini, Ellescini, Acaltyptini und Anthonomini beinhaltete, muss deutlich weiter gefasst werden. Sie umfasst höchstwahrscheinlich die ehemaligen Unterfamilien Rhynchaeninae, Notarinae, Anoplinae, Teile anderer Gruppen, und wahrscheinlich auch die artenreichen Ceutorhynchinae. Letztere werden aber von anderen Autoren nach wie vor getrennt. Der genaue Umfang der Curculioninae bleibt unklar.Insgesamt scheint sich die Systematik der Curculionoidea auf Familienebene und darüber etwas stabilisiert zu haben (vgl. Curculionoidea#Systematik). Auch die Monophylie vieler Tribus der Familie gilt inzwischen als gesichert. Die Monophylie zahlreicher Unterfamilien ist allerdings nach wie vor ungeklärt. Die folgende Aufstellung, die die Familie in 12 Unterfamilien einteilt, folgt Oberprieler. Brachycerinae Conoderinae Schönherr, 1833 Cossoninae Schönherr, 1825 Curculioninae Latreille, 1802 Cyclominae Schönherr, 1826 Dryophthorinae Schönherr, 1825 Entiminae Schönherr, 1826 Lixinae Schönherr, 1823 Mesoptiliinae Molytinae (inkl. Cryptorhynchinae) Schönherr, 1823 Platypodinae – Kernkäfer Shuckard, 1840 Scolytinae Latreille, 1806 – Borkenkäfer

Literatur
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Rheinheimer, Joachim & Hassler, Michael: Rüsselkäfer Baden-Württembergs. verlag regionalkultur Heidelberg, 2013, ISBN 978-3-89735-608-5

Weblinks#

Große Bildergalerie mitteleuropäischer Rüsselkäfer Curculio Institute – Center for Studies on western Palearctic Curculionoidea Joachim Rheinheimer: Curculionidae (Website) www.natur-in-nrw.de: Überfamilie Curculionidea in NRW (754 Arten)

Rüsselkäfer sind kleine bis große Käfer mit einem deutlichen Rüssel, der eine Verlängerung des Kopfes ist. Sie haben gekniete Fühler, sind oft bunt gefärbt und können verschiedene Muster aufweisen. Rüsselkäfer ernähren sich von Pflanzen und spezialisieren sich in der Regel auf bestimmte Arten. Sie sind auf allen Kontinenten verbreitet, wobei einige Unterfamilien vorwiegend in den Tropen vorkommen. Einige Rüsselkäferarten können Schäden in Wäldern und Gärten anrichten und dienen anderen Insektenarten als Nahrung. Sie können auch wirtschaftliche Bedeutung haben, z. B. als Bestäuber von Nutzpflanzen. Viele Rüsselkäferarten sind durch den Rückgang ihrer Lebensräume bedroht. Die Systematik der Rüsselkäfer ist komplex und umstritten.

Abstammungsdiagramm

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