Westliche Honigbiene
Lat. „Apis mellifera“
Art
der Familie
„Bienen & Hummeln“
1 Art
Unterarten
Es gibt etwa 25 Unterarten der Apis mellifera, die üblicherweise als Bienenrassen bezeichnet werden. Dies weil gerade die vorwiegend in der Imkerei gehaltenen europäischen Unterarten züchterisch bearbeitet wurden und inzwischen weltweit verbreitet sind. Daher ist in der Bienenwissenschaft der Begriff Rasse auch für Unterarten gebräuchlich. Die europäischen Rassen haben sich in der heutigen Form erst nach der letzten Eiszeit bei der Neubesiedlung herausgebildet. Die Rasse Dunkle Europäische Biene (Apis mellifera mellifera) verbreitete sich dabei in den gemäßigten und kühleren Klimazonen Europas, so zum Beispiel in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit den Alpen als natürliche Barriere gegen wärmere südlichere Länder. In der Imkerei werden heute am häufigsten die Kärntner Biene (Apis mellifera carnica), die Zuchtrasse Buckfastbiene und in südlicheren Ländern die Italienische Biene (Apis mellifera ligustica) verwendet. In Nord-, Mittel- und Südamerika nimmt die Verbreitung der wegen ihrer Aggressivität nicht geschätzten Afrikanisierten Honigbiene zu. Die Unterarten der Westlichen Honigbiene können in Gruppen unterteilt werden (weitgehend nach Ruttner):
dunkle Honigbienen aus Nord- und Westeuropa sowie Nordafrika Carnica-Gruppe Bienen des tropischen Afrikas Bienen des Vorderen Orients die mittelasiatische Apis mellifera pomonella Dazu kommen Zuchtrassen wie die Buckfastbiene und die sich inzwischen in Amerika selbsttätig verbreitende Afrikanisierte Honigbiene.
Geschichte
Die Honigbiene spielt seit jeher eine wichtige Rolle innerhalb vieler Ökosysteme und unterstützt die Bestäubung einer Vielzahl von Pflanzen (→Symbiose). Schon seit mehreren tausend Jahren nutzt der Mensch die Honigbiene in Europa. So entstand die Felsmalerei aus Cuevas de la Araña, die eine frühe Form der Bienennutzung zeigt, etwa 10.000 bis 6.000 vor Chr. Obwohl spätestens seit dem 7. Jahrtausend v. Chr. Bauern des Neolithikums Bienen gezielt gehalten haben, wurde die Art bis heute nicht wirklich domestiziert. Eine Zucht von Honigbienen wurde dadurch erschwert, dass die erwünschten Eigenschaften, wie hoher Honigertrag, Leistungen des gesamten Volkes sind, das nicht genetisch identisch ist, während für die Zucht ausschließlich Königinnen beeinflusst werden. Durch die mehrfache Paarung abseits des Stocks war es zudem fast unmöglich, die väterliche Erblinie zu beeinflussen. Eine tatsächliche Bienenzucht, mit gezielter Auswahl von Königinnen, begann nicht früher als im 19. Jahrhundert. Die Bienenzucht vorher beruhte auf der Auswahl geeigneter Stämme oder Rassen, die sich im Verbreitungsgebiet der Wildform mit dieser rückkreuzten und genetisch kaum von ihr unterscheidbar sind. Dies hat auch Vorteile: Anders als bei anderen Haustieren kam es bei der Bienenhaltung nie zu einem genetischen Flaschenhals. Vor ca. 7000 Jahren begann die gezielte Haltung von Bienen in Zentralanatolien, und auch im Alten Ägypten gab es vor etwa 4000 Jahren eine hochentwickelte Bienenhaltung. Das Zeichen der Biene wurde zum Machtzeichen der Pharaonen in Unterägypten. In der Hieroglyphenschrift wird Herrschaft durch die Bienenkönigin symbolisiert. Der König wurde durch die Bienenkönigin dargestellt, einfache Arbeiter dagegen als Bienen. Wahrscheinlich betrieben die alten Ägypter bereits vor 2000 v. Chr. Bienenzucht. Beuten bestanden dort aus geflochtenem Rohr, mit Lehm verschmiert, oder aus gebranntem Ton, wie sie auch noch heute in einigen Gegenden üblich sind. In der Bibel wird an vielen Stellen von Honig gesprochen. Johannes der Täufer hat sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährt. Im Talmud sind bereits Kenntnisse über Entwicklung und das Schwärmen von Bienen enthalten. Es wird von verschiedenen Bienenwohnungen aus Stroh und Rohrgeflecht berichtet. In Griechenland wurden um 600 v. Chr. die ersten Gesetze betreffend Bienen erlassen. Auch das heutige Bienenrecht hat eine lange Tradition und ist im BGB verankert. Bienensegen sollten den Bienenschwarm zähmen. Erst in den letzten 300 Jahren wird die Biene auch von Biologen erforscht und ihr Verhalten untersucht. Als gemeine Figur steht die Biene in Wappen für Fleiß, Arbeitseifer und Ordnung. Papst Urban VIII. trug drei Bienen als Symbole für Arbeit, Sparsamkeit und Süße in seinem Wappen.
Körperbau
Die Körperlänge der Tiere beträgt 15 bis 18 Millimeter bei der Königin, 13 bis 16 Millimeter bei Drohnen und 11 bis 13 Millimeter bei Arbeiterinnen. Die Arbeiterinnen erreichen ein Durchschnittsgewicht von 82 Milligramm, die Königin dagegen ein Gewicht von 250 bis 300 Milligramm. Diese Zahlenwerte gelten für die fast ausschließlich weltweit in der Imkerei gehaltenen europäischen Rassen der Westlichen Honigbiene, einige Rassen aus den wärmeren Klimaregionen Afrikas sind dagegen kleiner. Man kann die Königin leicht an ihrer Größe und dem verlängerten Hinterleib erkennen. Die Drohnen unterscheiden sich von den Arbeiterinnen vor allem durch ihre deutlich größeren Facettenaugen. Die Grundfarbe der Westlichen Honigbiene ist braun, wobei bei einigen Rassen vor allem die ersten Hinterleibssegmente auch gelblich, orange über rot bis lederbraun gefärbt sein können. Am hinteren (basalen) Bereich besitzen die Segmente des Hinterleibs (Abdomen) jeweils eine helle, filzartige Haarbinde, die die helle und dunkle Streifenfärbung bewirkt. Anders als oft z. B. in Kinderbüchern dargestellt, ist der Hinterleib der Honigbiene also nicht schwarz-gelb gefärbt, im Unterschied zur schwarz-gelben Warnfärbung der Wespe. Der Brustteil (Thorax) der Tiere ist gelbbräunlich behaart.
Sozialstruktur
Honigbienen sind Insekten und lassen sich domestizieren und gradweise auch zähmen. Eine erfolgreiche Haltung erfordert, den Bien zu verstehen.
Schwärmen und Nistplatzsuche
Bienen gründen neue Völker, indem ein Schwarm, ein Teil des bestehenden Volks, auszieht und sich ein neues Zuhause sucht. Auf welche Weise Bienen das tun, wurde durch Martin Lindauer, einen Schüler von Karl von Frisch, erstmals erforscht. Thomas Dyer Seeley entdeckte später das komplexe demokratische Entscheidungsprinzip bei der Einigung des Schwarms für einen neuen Nistplatz. Die Schwarmzeit ist im Frühsommer, damit genügend Zeit für die Suche nach einem geeigneten Platz und für das Anlegen der Wintervorräte ist. Der Bienenschwarm, der sogenannte Vorschwarm, das sind etwa 6000 bis 14.000 Bienen beziehungsweise zwei Drittel eines alten Bienenvolks, verlässt mit der alten Königin, die seit einiger Zeit nicht mehr gefüttert wurde, sein Volk. Die Schwarmbienen haben sich zuvor stark mit Honig gesättigt und waren bis dahin sehr inaktiv. Die Muskulatur der auszugswilligen Bienen beginnt zu zittern, ihre Flugbereitschaftstemperatur steigt auf 35 °C. Bis heute ist nicht bekannt, welche Reize bei den aufbruchswilligen Bienen das Signal auslösen, dass sie zusammen plötzlich aufbrechen. Der Schwarm lässt sich nach Auszug in der Nähe als Traube für wenige Stunden nieder. Oft dienen Bäume als Raststätte. Wenige hundert Kundschafterinnen, etwa 3–5 Prozent des Schwarms, erkunden die nähere Umgebung nach einem neuen optimalen Nistplatz. Sie teilen den anderen Bienen in der Schwarmtraube mehrere geeignete Plätze durch Schwänzeltanz mit, den sie auf dem Rücken der wartenden Bienen ausführen. Zunächst weisen die Kundschafterinnen auf verschiedene geeignete Orte in einem Radius von bis zu 5 Kilometern hin. Diese Orte werden von den Kundschafterinnen nach sechs bis zehn Kriterien bewertet. Unter den Kriterien sind neben den genannten auch die Höhe des Eingangs über dem Boden, eventuell vorhandene Waben eines früheren Bienenschwarms, Feuchtigkeit und die Entfernung vom bisherigen Bienenvolk. Mit Dauer und Intensität des Schwänzeltanzes wird den Bienen im Schwarm die Qualität jedes potenziellen Nistplatzes mitgeteilt. Besonders eifrige Kundschafterinnen (Spurbienen) veranlassen die anderen, ebenfalls ihr Angebot zu überprüfen. Nur selten können die Bienen des Schwarms sich nicht auf einen Platz einigen oder verlieren ihre Königin, die sie aber in der Regel wieder finden. Es kommt vielmehr in der zur Verfügung stehenden Zeit von wenigen Tagen, in denen die Bienen keinerlei Nahrung zu sich nehmen, zu einem komplizierten, optimalen Abwägungs- und Entscheidungsprozess. Weist zum Schluss eine große Zahl von Kundschafterinnen auf denselben Ort, wird im Schwarm ein bis heute biochemisch nicht näher analysierter Schwellenwert oder Quorum überschritten. Das Schwellenwertprinzip bei der Nistplatzwahl konnte von Seeley mathematisch simuliert werden. Ist der Schwellenwert erreicht, bricht der Schwarm zusammen mit der Königin auf. Die Königin selbst hat keine Mitwirkung an der Schwarmentscheidung. In der Schwarmwolke weisen Spurbienen den Weg, indem sie immer wieder im Schwarm nach vorne fliegen und außen am Rand langsam wieder zurück. In der Nähe des Ziels fliegen sie zum Eingang und sterzeln, sie weisen also dem Schwarm durch Duftstoffe den Weg. Mit dem gesamten geschilderten Prozess, einer Kombination aus individueller Intelligenz (Bewertung eines Nistplatzes durch einzelne Kundschafterinnen) und kollektiver Intelligenz oder Schwarmintelligenz (Entscheidung des Schwarms), wird in einem demokratischen Verfahren durch wenige Repräsentanten des Schwarms in kurzer Zeit ein für den ganzen Schwarm bestmöglicher und von allen akzeptierter Konsens für die neue Behausung gefunden und diese bezogen.
Aufbau des Nests
Bienen bauen ihre Waben aus Wachs, das sie in Form kleiner Schuppen aus den Wachsdrüsen ihrer Bauchringe ausschwitzen. In den Waben ziehen sie ihren Nachwuchs auf und lagern Honig sowie Pollen. Der Honig dient als Energiequelle und liefert dem Bienenkörper sozusagen das Heiz- und Betriebsmaterial. Der eiweißreiche Blütenstaub bietet dem wachsenden Bienenkörper die Baustoffe. Der Honig wird von den Bienen entweder aus dem Nektar von Blüten oder aus Honigtau erzeugt. Honigtau kann von Sekreten lebender Pflanzen stammen oder von Sekreten, die von Insekten abgesondert wurden, die auf diesen Pflanzenteilen leben (Beispiel: Tannenhonig). Da in einem Bienenstock die Insekten auf engstem Raum bei etwa 35 °C zusammenleben, herrschen dort im Grunde ideale Bedingungen für die Ausbreitung von Krankheiten. Deshalb dient ein von den Bienen in erster Linie aus Baumharz und Pollen selbst hergestellter Kitt (Propolis) mit seiner Verwendung zum Abdichten von kleinen Öffnungen, Spalten und Ritzen dazu, Bakterien, Pilze und andere Mikroorganismen, die in den Stock eingeschleppt werden könnten oder vorhanden sind, in ihrer Entwicklung zu hemmen oder sogar abzutöten. Hierzu werden Oberflächen, beispielsweise auch das Innere der Wabenzellen für die Brut, mit einem hauchdünnen Propolisfilm überzogen.
Ernährung und Stoffwechsel
Honigbienen ernähren sich, wie auch alle anderen Bienenarten, normalerweise rein vegetarisch. Hierzu fliegen die schon etwas älteren Arbeiterinnen des Bienenstocks aus und sammeln Nektar und Pollen an Blütenpflanzen. Der Nektar wird im Honigmagen und der Pollen in den sogenannten Körbchen, einer speziellen Vorrichtung an den Hinterbeinen, heimgebracht und direkt im Brutnest an jüngere Arbeiterinnen zur Ernährung der Brut verteilt. Entsteht hierbei ein Überschuss – der Imker spricht dann von einer Tracht –, so wird der Pollen als Eiweißquelle neben und der Nektar über dem Brutnest in Wabenzellen eingelagert. Der Nektar wird dabei durch Wasserentzug eingedickt, wodurch er haltbar wird. Es entsteht schließlich eine übersättigte, stark osmotisch wirkende und sirupartige Zuckerlösung, die nicht mehr gärfähig ist, der Honig. Der Pollen wird mit etwas Nektar versehen und macht eine Milchsäuregärung durch.
Ab einem bestimmten Alter haben sich bei den mit der Brutaufzucht beschäftigten Arbeiterinnen sogenannte Futtersaftdrüsen (Hypopharynx-Drüsen) entwickelt. Sie können damit aus Pollen und Nektar eine eiweißreiche, milchartige Nährlösung erzeugen. Diese spucken sie in die Brutzellen mit den ganz jungen Larven, die dann regelrecht darin zu schwimmen scheinen. Nach drei Tagen wird die Kost dann allerdings auf Nektar und Pollen umgestellt. Nur Königinnenlarven und die Königin selbst werden weiterhin ausschließlich mit diesem speziellen Saft, der deswegen auch Gelée royale genannt wird, ernährt. Erwachsene Bienen ernähren sich nur noch von Nektar und etwas Pollen. In Zeiten, in denen die Sammlerinnen witterungsbedingt nicht ausfliegen können, greift das Bienenvolk auf seine eingelagerten Vorräte zurück. Dabei kann nur der Pollen direkt verwendet werden. Der Honig muss zunächst wieder verflüssigt, also in einen nektarähnlichen Zustand gebracht werden. Bei der im Muskelgewebe stattfindenden Verbrennung der vorwiegend im Honig enthaltenen Zuckeranteile entsteht unter anderem Wasser, das zum Verflüssigen weiterer Vorräte verwendet werden kann. Falls aber Brut zu ernähren ist, reicht dies oft nicht aus. Es müssen zusätzlich Sammlerinnen ausfliegen, um in ihren Honigmägen Wasser (zum Beispiel von einem Gewässer in der Nähe) herbeizuschaffen. Bei besonders widrigen Witterungsverhältnissen kann nur ein kleiner Teil dieser Arbeiterinnen heimkehren. Aufgrund von schlechter Witterung, die die Bienen am Ausfliegen hindert, oder durch mangelndes Angebot an Pollen in der Umgebung kann es passieren, dass die Pollenvorräte im Bienenstock ausgehen. In so einem Fall werden einige Larven getötet und gefressen, um Protein für die Aufzucht der anderen Larven zu beschaffen. Dabei werden zunächst die jüngsten Larven verwertet und die ältesten Larven durchgebracht. Am Ende des Winters oder im zeitigen Frühjahr kommt es an einem milden Tag mit einer Lufttemperatur von mindestens 10 °C um die Mittagszeit zum Reinigungsflug. Dabei entledigen sich die Bienen ihrer Exkremente, die sich in ihrer Kotblase während der wochen- oder monatelangen Winterruhe angesammelt haben. Da Bienen im Bienenstock wegen der Verbreitung von Krankheitserregern nicht koten, ist der Reinigungsflug die einzige Möglichkeit der Entleerung. Sehr energieaufwändig ist das Fliegen. Der „Treibstoff“ hierzu ist der zuckerhaltige Nektar oder der wiederverflüssigte Honig. Eine Honigbiene der in Europa gehaltenen Rassen Carnica oder Buckfast kann mit vollem Honigmagen gestartet etwa acht Kilometer weit fliegen. Solche Strecken legen die Sammlerinnen allerdings aus Effizienzgründen nur sehr selten zurück. Der überwiegend genutzte Bereich um ein im Gelände aufgestelltes Bienenvolk hat nur etwa einen Radius von einem Kilometer. Eine Besonderheit bei den Honigbienen ist, dass sie in der Hämolymphe als Energielieferant den Einfachzucker Glucose haben, wie auch die Säugetiere in ihrem Blut. Die meisten anderen Insekten haben dagegen den Zweifachzucker Trehalose in der Hämolymphe. Als Folge davon sind die Honigbienen auch nicht als typisch wechselwarm zu bezeichnen. Sie erzeugen als Bienenvolk (Superorganismus) in der Vegetationszeit (Vorhandensein von Brut) eine konstante Temperatur von 35 °C. Bei einem Wert unter 10 °C erstarren sie und sterben ab. Andere Insekten dagegen erstarren erst bei noch tieferen Temperaturen und sind durch die andere Zusammensetzung ihrer Hämolymphe wie durch ein Frostschutzmittel geschützt.
Bedeutung der Honigbienen
Die Honigbiene gilt als bekanntester Bestäuber, steht in der Liste der wichtigsten deutschen Nutztiere auf Platz 3 und wurde lange Zeit auch als wichtigster Bestäuber bezeichnet. Neuere Forschungen haben allerdings ergeben, dass der wichtigste Garant für eine sichere Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen ein gesunder Honigbienenbestand in Kombination mit arten- und individuenreichen Gemeinschaften von Wildbienen, Schwebfliegen und anderen Wildbestäubern ist. Außerdem wurde belegt, dass der Samen- und Fruchtansatz der Pflanzen besser ist, je mehr verschiedene Bestäuber-Arten eine Blüte besuchen. Die natürlichen Bestäuber arbeiten nicht nur doppelt so effektiv in der Bestäubung wie Honigbienen, sie erbringen dank der großen Vielfalt an Arten mit unterschiedlichen Blütenpräferenzen, Flugzeiten und/oder Witterungsabhängigkeiten auch den Großteil der Bestäubungsleistung. 28 verschiedenen Pflanzengattungen bzw. 22 verschiedenen Pflanzenfamilien können von der Honigbiene erst gar nicht bestäubt werden, darunter u. a. die Tomate. Die Honigbiene ergänzt also die wilden Bestäuber und sorgt in Kombination mit ihnen für bessere Erträge. Insgesamt sind 78 Prozent aller Blütenpflanzenarten der gemäßigten Breiten für ihre Bestäubung auf Insekten angewiesen. Von den 109 wichtigsten Kulturpflanzen sind 87 Arten bzw. 80 Prozent der Arten vollständig von tierischen Bestäubern abhängig. Der wirtschaftliche Wert der gesamten Bestäubungsleistung in der Landwirtschaft wird weltweit auf 153 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Honigbienen können aber auch für Wildbienen eine deutliche Konkurrenz darstellen, was insbesondere in Städten von Bedeutung sein kann. Vom Menschen genutzte Produkte der Honigbiene sind neben Honig auch Bienenwachs, Pollen, Bienengift, Gelée royale und Propolis sowie der aus Honig gewonnene Met. Die Drohnenlarven sind essbar, weshalb Honigbienen auch als Speiseinsekt gelten. Der Europäischen Kommission liegt derzeit ein Antrag zur Nutzung männlicher Larven der Europäischen Honigbiene als neuartiges Lebensmittel vor.
Orientierung
Bienen können im Gegensatz zum Menschen den roten Anteil des Farbspektrums nicht wahrnehmen, dafür aber einen Teil des ultravioletten Lichts. Zudem sehen sie das Licht polarisiert, was ihnen in Kombination mit dem tageszeitlichen Sonnenstand eine genaue Bestimmung der Himmelsrichtung ermöglicht. Wenn die Biene sich nicht bewegt, sieht sie mit ihren Facettenaugen relativ schlecht (vergleichbar mit einer Digitalkamera, die nur wenige Tausend Pixel hat). Dies ändert sich aber deutlich beim Flug. In dieser Analogie läuft jetzt im Gegensatz zum statischen Bild ein Film ab, mit vielen Bildwechseln pro Zeitspanne. Durch Interpolation wird die Bildauflösung verbessert. Wenn Bienen schwärmen und sich das Volk an einen neuen Standort begibt, könnten sich die Tiere laut dem Forscher Jochen Pflugfelder nicht mehr an ihren alten Standort erinnern, dieser werde spontan aus ihrem Gehirn gelöscht. Die Bienen seien imstande, sich an einem neuen Standort innert Stunden zurechtzufinden. Diese Orientierungsfähigkeit können sich Wanderimker zunutze machen. Neben dem Sehen ist der Geruchssinn der Bienen sehr gut ausgebildet, sodass davon auszugehen ist, dass die Bienen im Nahbereich vorwiegend durch diesen Sinn gelenkt werden. Schließlich spielen auch Pheromone eine Rolle, durch die zum Beispiel beim Hochzeitsflug der Bienenkönigin die Drohnen alarmiert werden. Näheres zum Verhalten beim Hochzeitsflug siehe auch bei Drohnensammelplatz.
Verteidigung
In erster Linie wird der Stachel zur Verteidigung gegen andere Insekten eingesetzt, in deren nicht elastischem Chitinpanzer sich seine Widerhaken nicht verfangen. Beim Menschen oder anderen Wirbeltieren bleibt der Stachel durch die Widerhaken jedoch in der elastischen Oberhaut stecken, weswegen die Biene ihn, anders als zum Beispiel Wespen, nicht oder nur selten wieder herausziehen kann. Ihr kompletter Stechapparat inklusive Giftblase wird deswegen beim Wegfliegen aus dem Hinterleib gerissen, was für die Biene eine tödliche Verletzung bedeutet. Der so herausgerissene Stechapparat pumpt über den Stachel weiteres Bienengift in den Körper des Feindes. Des Weiteren setzt die Biene in dem Moment, in dem sie ihren Stachel einbüßt, ein Alarmpheromon frei. Dies kann in der Nähe des Bienenstocks weitere Artgenossinnen auf den Plan rufen, die ihrerseits den Feind angreifen. Sie stechen bevorzugt an die gleiche Stelle, dort, wo das Alarmpheromon am stärksten konzentriert ist, häufig aber auch in Gesicht und Kopf, wenn Augenpartie oder dunkle Haare für sie zu erkennen sind. Deshalb sollte man sich in einem solchen Fall zügig von den Bienenstöcken entfernen. Imker vermeiden bei der Arbeit an den Bienenvölkern diese Gefahr, indem sie Rauch erzeugen. Da die Bienen dann ein Feuer erwarten, machen sich viele bereit, den Stock zu verlassen, indem sie Honig aufnehmen, was sie wiederum ablenkt. Auch mittels Imker-Schleier und heller, abschließender Kleidung sowie dem Verzicht auf Deodorant, Shampoo und Parfum (manche Inhaltsstoffe können Bienen aggressiv machen), kann man Stichen entgegenwirken. Die bei einem Stich eingespritzte Giftmenge wird mit 0,1 mg angegeben. Todesfälle durch Bienenstiche sind selten, kommen aber vor. In Deutschland sind 20 bis 30 Tote im Jahr zu erwarten.
Umgang
In unmittelbarer Nähe von Honigbienen-Weibchen ist es geboten, sich ruhig zu verhalten, um nicht angegriffen bzw. gestochen zu werden, und keine hektischen Bewegungen zu machen. Die Tiere stechen nur, wenn sie sich oder ihr Nest unmittelbar bedroht oder angegriffen sehen. Weibchen, die im Garten beispielsweise auf Blütenbesuch sind, um Nektar oder Pollen zu sammeln, sind keinesfalls aggressiv. Ein ruhiger Summton und langsames Herumfliegen von Blüte zu Blüte signalisiert „gute Laune“, ein hochfrequentes, „schrilles“ Summen sowie nervöses Zickzackfliegen zeigt ein misstrauisches und verteidigungsbereites Tier. Selbst wenn ein Weibchen auf der Haut eines Menschen landet, sondiert sie nur ihre Umgebung und beabsichtigt in der Regel keinen Stich – im Gegensatz z. B. zu weiblichen Stechmücken, die Blut saugen, um Eier produzieren zu können. Im Falle eines Honigbienenstichs lautet die Empfehlung, den Stachel ruhig mit dem Daumennagel hinauszuschieben und den Stichbereich zu kühlen. Eine einzelne Biene, eingeschlossen in einem Zimmer, lässt sich mit bloßer Hand aus dem Zimmer tragen, wenn man nicht versucht, sie einzufangen, sondern sich ihr stattdessen langsam nähert und sie auf die Hand krabbeln lässt. Sollte die Biene dabei Anzeichen von Unruhe anzeigen, sollte man stehen bleiben, sich nicht bewegen und die Aktion kurzzeitig unterbrechen. Eine weitere einfache Methode, Bienen (oder andere Insekten) einzufangen und aus einem Raum zu transportieren, geschieht mit Hilfe einer leeren Streichholzschachtel: Diese wird zu zwei Dritteln aufgeschoben und dann mit der Öffnung über das zu fangende Insekt gestülpt. Daraufhin kann man die Schachtel langsam zuschieben, wodurch das Insekt in die Schachtel geschoben wird. Dann kann man es hinaustragen und dort freilassen. Man kann auch ein Trinkglas über die Biene stülpen, dann vorsichtig ein Blatt Papier darunterschieben und so anschließend nach draußen bringen.
Ein Bienenschwarm, der sich im Garten an einem Baum o. Ä. niederlässt, ist in der Regel friedfertig und neigt überhaupt nicht zum Stechen. Selbst im Augenblick der Ankunft, wenn sich also eine Wolke von bis zu 25.000 Bienen nähert, besteht kaum Gefahr; man kann einen solchen Schwarm aus der Nähe beobachten, muss allerdings damit rechnen, als Lande- oder kurzzeitiger Ruheplatz von einzelnen Bienen auserkoren zu werden. Sinnvoll ist es, so bald wie möglich einen Imker zu verständigen, der den Bienenschwarm einfängt. Wo kein Imker bekannt ist, helfen Feuerwehr, Polizei, Stadtverwaltung oder Umweltamt, die Kontakte zu Imkern unterhalten, weiter. Der Imker darf in Deutschland bei der Verfolgung seines Bienenschwarms auch fremde Grundstücke betreten (§ 962 BGB).
Krankheiten und Schädlinge
Die Krankheiten der Honigbiene werden durch Parasiten, Bakterien, Viren oder Pilze verursacht. Bienenkrankheiten lassen sich grob einteilen in Krankheiten der erwachsenen Biene und Brutkrankheiten. Daneben gibt es eine Reihe von Schädlingen, die zu Befallsymptomen wie Beunruhigung des Volkes, Wärmeverlust, Futtermangel und Krankheitsanfälligkeit führen können. Derzeit sind 22 Honigbienenviren bekannt. Honigbienen können Viren wie z. B. das Flügeldeformationsvirus auf Wildbienen und Hummeln übertragen.
Wissenschaftliche Forschung
Aufgrund der Bedeutung der Honigbienen sind die Bienen Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Die Bienenkunde (lat. Apidologie) beschäftigt sich mit der Insektengruppe der Honigbienen und speziell ihren Funktionen als Bestäuber von Nutzpflanzen und ihrer Direktnutzung durch die Gewinnung von Bienenhonig. Forschungsabteilungen dazu gibt es an mehreren deutschen und österreichischen Universitäten, zum Teil mit der Einrichtung von Lehrstühlen wie in Frankfurt am Main, Halle, Jena und Linz. Forschung findet auch an verschiedenen Landesanstalten für Bienenkunde in Deutschland statt, wie etwa der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau oder der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim in Baden-Württemberg. In Österreich betreibt das Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft (BFL) das Institut für Bienenkunde. Ein Institut für Bienengesundheit besteht an der Universität Bern.
Genom
Das nahezu vollständige Genom der Westlichen Honigbiene wurde mittlerweile zu ca. 90 % sequenziert und besteht nach Angaben der Forscher aus 12.398 Genen mit rund 238 Millionen Basenpaaren. Das Genom des Menschen ist etwa zehnmal größer. Bei der Entzifferung der Gensequenz konnten auch Anlagen für 163 chemische Geruchs-Rezeptoren, aber nur für 10 Geschmacksrezeptoren gefunden werden. Neben der Entdeckung neuer Gene für die Nutzung von Pollen und Nektar wurde festgestellt, dass die Westliche Honigbiene im Vergleich zu vielen anderen Insekten weniger Gene für angeborene Immunität, Entgiftung und Bildung der Cuticula besitzt. Auf Grund populationsgenetischer Analysen wird Afrika als ursprüngliche Heimat der Westlichen Honigbiene angesehen und gefolgert, dass ihre Ausbreitung nach Europa in zwei voneinander unabhängigen Wanderungen geschehen sein muss. Die genetische Diversität der afrikanischen Bienen ist dadurch höher als diejenige der europäischen.
Bienen im Recht
In Deutschland hat das heutige Bienenrecht eine lange Tradition und ist im BGB verankert. Die Regelungen im österreichischen ABGB gehen zum Teil auf das Jahr 1812 zurück. In den österreichischen Bundesländern Wien, Niederösterreich, Steiermark und Kärnten ist grundsätzlich nur die Haltung oder Zucht von Kärntner Bienen mit ihr zugehörigen Stämmen und Linien zulässig. Die Haltung anderer „reinrassiger“ Bienen bedarf dort einer Genehmigung.
Bienen in der Heraldik
Die florentinische Familie Barberini trug Bienen im Wappen, ebenso der aus ihren Reihen stammende Papst Urban VIII. Napoleon Bonaparte hat die Biene im Wappen vielen Städten als Auszeichnung (Bonne ville de l’Empire français) zukommen lassen.
Symbolische Deutung
Als Inbegriff des Fleißes wird die Biene als Symbol vielfach verwendet; zum Teil wird statt der Biene auch auf das Bienenkorb-Symbol (beispielsweise als Spardose) oder die typische Wabenstruktur zurückgegriffen. Aufgrund antiker Vorstellungen von der nicht-sexuellen Vermehrung der Honigbienen konnten sie in christlicher Literatur zum verbreiteten Bild für religiös motivierte Sexualaskese werden.
Siehe auch
Wildbiene Evolution des Denkens: Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit der Bienen
Videos
Das Institut für Bienenkunde (Oberursel) hat achtzehn hochauflösende Videos unter freier Lizenz im Anhang einer Fachveröffentlichung publiziert, in denen das Verhalten von Honigbienen im Inneren der Zellen ihrer Waben dokumentiert wird, siehe: Paul Siefert, Nastasya Buling und Bernd Grünewald: Honey bee behaviours within the hive: Insights from long-term video analysis. In: PLoS ONE. Band 16, Nr. 3, 2021, e0247323, doi:10.1371/journal.pone.0247323.
Literatur
Ralph Dutli: Das Lied vom Honig. Eine Kulturgeschichte der Biene. Wallstein-Verlag, Göttingen 2012, ISBN 978-3-8353-0972-2. Guido Fackler, Michaela Fenske, Franziska Gleichauf (Hrsg.): Aus der Wabe in die Welt: Biene macht Kultur. (= Katalog der gleichnamigen Ausstellung im Lab 13 auf der Landesgartenschau Würzburg 2018 / Schriften und Materialien der Würzburger Museologie, Heft 6). Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Würzburg 2018, ISSN 2197-4667 (PDF). Karl von Frisch: “Sprache” und Orientierung der Bienen. 5. Gedenkvorlesung, 19. November 1960. 2., ergänzte Auflage. Huber, Bern/ Stuttgart 1964. Randolf Menzel, Matthias Eckoldt: Die Intelligenz der Bienen. Knaus, München 2016, ISBN 978-3-8135-0665-5. Friedrich Ruttner: Naturgeschichte der Honigbienen. Kosmos, Stuttgart 1992, ISBN 3-440-09477-4. Thomas Dyer Seeley: Bienendemokratie: Wie Bienen kollektiv entscheiden und was wir davon lernen können. Fischer Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2015, ISBN 978-3-596-19407-0. Thomas Dyer Seeley: Honigbienen. Im Mikrokosmos Des Bienenstocks. Springer Basel, Basel 2012, ISBN 978-3-0348-7834-0. Ulrich Sommermann: Körperbau der Westlichen Honigbiene. In Arbeitsblätter Insekten. Klett, Stuttgart 1989, ISBN 3-12-030920-6. Armin Spürgin: Die Honigbiene. Vom Bienenstaat zur Imkerei. 5. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-8001-7848-3. Jürgen Tautz: Phänomen Honigbiene. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-8274-1845-6. Jürgen Tautz, Diedrich Steen: Die Honigfabrik. Die Wunderwelt der Bienen – eine Betriebsbesichtigung. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2017, ISBN 978-3-579-08669-9. Michael Weiler: Der Mensch und die Bienen. Betrachtungen zu den Lebensäußerungen des BIEN. Sonderdruck, Unveränderter Nachdruck der 2., erweiterten Auflage. Verlag Lebendige Erde, Darmstadt 2003, ISBN 3-921536-60-X. Karl Weiß: Bienen und Bienenvölker. Beck, München 1997, ISBN 3-406-41867-8.
Weblinks
Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft: Wie Waldbesitzer der Honigbiene helfen können. Auf: waldwissen.net vom 14. August 2013; zuletzt abgerufen am 10. März 2021. Technischen Informationsbibliothek (TIB) – AV-Portal: Videos zu Apis mellifera herausgegeben vom Institut für den Wissenschaftlichen Film Auf: av.tib.eu; zuletzt abgerufen am 10. März 2021.
== Einzelnachweise ==

























Abstammungsdiagramm
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