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  1. Das wöchentliche Arthropoden-Bulletin/

Tod im Garten

·2 min
Patrick

Wenn sich Otto, der Ohrwurm, vorbei an Grashalmen und weggeworfenen Müllresten durch die weitflächige Wiese schlängelt, die er seine Heimat nennt, erschrickt er manchmal so sehr, dass er umkehren und sich unter Laubblättern verstecken möchte. Die Welt da draußen ist gefährlich geworden, nicht nur für ihn, sondern für alle Insekten.

Mit seinen sechs Beinen bewegt er sich geschickt vorwärts, doch manchmal fühlt er sich unbeholfen, fast hilflos, angesichts der Bedrohungen, die überall lauern. Otto ist mit menschlichen Eigenschaften gesegnet, die ihm ein tiefes Bewusstsein seiner Umgebung verleihen. Er fühlt, er denkt, und er leidet. Als er auf seinem Weg zwei toten Bienen begegnet, stockt ihm das Herz. Eine der Bienen hat verkrüppelte Flügel — ein trauriges Zeugnis der Zerstörung, die „Neonicotinoide“ anrichten können.

Diese Insektizide, die einst als Wundermittel gegen Schädlinge gefeiert wurden, sind zu einer tödlichen Falle geworden. Neonicotinoide wirken systemisch. Sie werden von der Pflanze aufgenommen und finden sich in allen ihren Teilen wieder — von den Wurzeln bis zu den Blättern, von den Blüten bis zum Nektar. Für Otto und seine Freunde, die von diesen Pflanzen leben, bedeutet das eine allgegenwärtige Bedrohung. Der Tod lauert in jedem Tropfen Tau, in jedem Pollenkorn.

Die Regierung hat zwar Schritte unternommen, um den Einsatz der gefährlichsten Neonicotinoide einzuschränken, doch durch Notfallzulassungen und die Einführung neuer, ähnlich wirkender Insektengifte bleibt die Gefahr bestehen. Otto versteht nicht viel von Politik oder Gesetzen, aber er spürt die Auswirkungen dieser Entscheidungen auf sein tägliches Leben. Während er sich weiter durch die Wiese bewegt, denkt er über die Ironie des Lebens nach. Insekten wie er, die oft als Plage betrachtet werden, sind nun selbst Opfer einer viel größeren Plage geworden — der Kurzsichtigkeit und Gleichgültigkeit der Menschen.

Otto fragt sich, ob es je eine Zeit geben wird, in der Menschen die Folgen ihrer Handlungen begreifen und erkennen, dass die Gesundheit der Erde untrennbar mit dem Wohl ihrer kleinsten Bewohner verbunden ist. Müde kehrt er schließlich zu seinem Unterschlupf unter den Laubblättern zurück, erschöpft und besorgt. In der Stille seines Verstecks findet Otto Trost in dem Gedanken, dass die Hoffnung als letztes stirbt. Hoffnung, dass das Bewusstsein wächst, dass Veränderung möglich ist. Und während er dort liegt, eingehüllt in die warme Umarmung der Erde, träumt Otto von einer Welt, in der Insekten und Menschen in Harmonie leben können. Eine Welt, in der Tod im Garten nicht das Ende der Geschichte ist, sondern der Beginn einer neuen, gemeinsamen Zukunft.